Als am 3. August 2017 die Tür zur Sakristei wenige Minuten vor Gottesdienstbeginn aufging und Bischof Manfred Schönenborn eintrat, war die Überraschung perfekt. Der Bischof hatte an diesem Donnerstagabend keine Termine und entschied sich kurzfristig, sein Versprechen einzulösen und die neuapostolische Kirchengemeinde Kitzingen zum ersten Mal zu besuchen. An der Freude konnten auch Besucher aus der Nachbargemeinde Ochsenfurt teilhaben, da die Wochengottesdienste seit geraumer Zeit gemeinsam gestaltet werden.
Der Bischof legte seiner Predigt ein Bibelwort aus dem Philipperbrief zugrunde: „Ich lasse euch aber wissen, liebe Brüder: Wie es um mich steht, das ist nur mehr zur Förderung des Evangeliums geraten.“ (Phil. 1, 12)
Paulus schreibt diesen Brief an die Philipper aus dem Gefängnis. Er klagt nicht über sein Schicksal, sondern erkennt, dass Gott die Inhaftierung zugelassen hat, damit das Evangelium weiterverbreitet werden kann. Er trägt seine Fesseln für Christus (vgl. V. 13). Und tatsächlich gelangt der Gefängnisaufseher mit seinem ganzen Haus zum Glauben an Jesus Christus dank des vorbildlichen Verhaltens des Apostels.
Im übertragenen Sinn, so Bischof Schönenborn, befinde sich mancher gläubige Christ heute ebenfalls im Gefängnis. Man denke dabei nur an widrige Verhältnisse, in denen etliche leben müssen. Aus dem Glauben an das Evangelium lasse sich aber die Kraft schöpfen, dennoch ein Zeugnis der Liebe Gottes abzugeben, die sich allen Menschen mitteilen wolle.
Bei der Vorbereitung auf den Gottesdienst habe er sich mit der Stadt Kitzingen und ihrem im Internet veröffentlichten Leitbild beschäftigt. Besonders beeindruckt habe ihn dabei das in der Einleitung formulierte Bekenntnis zu Gott: „Wir, die Bürgerinnen und Bürger Kitzingens, stehen in der Verantwortung für unser Handeln gegenüber Gott oder uns selbst und den kommenden Generationen.“ Diese Verantwortung gegenüber Gott habe schon Paulus bewiesen und sie sei auch für uns Maßstab unseres Handelns.
In einem ergänzenden Predigtbeitrag erinnerte Evangelist Bernd-Uwe Groß an die Verfolgung vieler Christen in anderen Ländern. Manche würden wegen ihres Glaubens sogar heute noch ins Gefängnis geworfen, wie damals die ersten Christen und Apostel der Urkirche. Wie groß müsse ihr Mut sein, sich dennoch zum Evangelium Christi zu bekennen.
Mit der gemeinsamen Feier des Heiligen Abendmahles und der Spendung des Segens des dreieinigen Gottes beendete Bischof Schönenborn den Abendgottesdienst. Anschließend nahmen alle Besucher die Gelegenheit wahr, um sich von dem Überraschungsgast zu verabschieden.
Text: Bernd-Uwe Groß